Jörg Koenig (70) aus Hamburg startet erstmals beim RHEIN-AHR-MARSCH
VON JOE KÖRBS

STADE. Wer wandert oder marschiert, wie es beim RHEIN-AHR-MARSCH am 3./4. Juli vorgeschrieben ist, kann in der Regel auch gut laufen. Beim Blick in die Starterliste des diesjährigen RAM sticht mit Jörg Koenig ein erfahrener Läufer heraus, der in seinem Leben bereits an zahlreichen „verrückten“ Veranstaltungen teilgenommen hat. Auf dem Rundkurs an Rhein und Ahr ist der 70-Jährige zum ersten Mal dabei.

„Ich will für mich das Beste rausholen und die Strecke gut schaffen“, setzt sich Koenig ein relativ bescheidenes Ziel bei seiner Premiere. Der „betagte Mann“ aus Stade bei Hamburg fühlt sich weiterhin fit und traut sich die 100-Kilometer lange Strecke locker in 17 bis 18 Stunden zu. „Einen Marathon musst Du aus dem Ärmel schütteln, wenn Du diese Distanz schaffen willst“, sagt der rüstige Rentner, den man morgens wecken könnte und sofort dazu in der Lage wäre 42,2-Kilometer zu laufen.

Die sportlichen Ursprünge des am 4. September 1949 geborenen Ultras liegen bereits lange zurück. 1990 absolvierte er mit 41 Jahren beim Holsteinlauf in Quickborn seinen ersten 50-Kilometer-Lauf. Mit der Zeit von 5:15:37 h wurde er immerhin Gesamt-Elfter. Nach einer Wiederholung bei der Veranstaltung, ein Jahr später (5:18:06), verlegte sich Koenig erstmal weiter aufs Marathonlaufen. Auf der klassischen Langdistanz war er in seiner Vierziger-Jahren ein solider Sub-4h-Läufer.

Erst mit 50 wechselte der Mann, der dem „100 Marathon Club“ (693 Marathon/Ultraläufe) angehört, zu den Ultra-Distanzen. „Es ist körperlich einfacher 100 Kilometer zu laufen, als einen Marathon“, spricht er über die Gefahr der höheren Verletzungsanfälligkeit. „Seitdem habe ich nie mehr Probleme gehabt“, versichert Koenig. Nach 60 Kilometern beim Edersee Supermarathon (1999) traute sich der Norddeutsche noch im selben Jahr an einen 24-Stunden-Lauf heran. In Hamburg standen im Mai am Ende 174,522 Kilometer und Platz acht auf der Urkunde.

Fünf Jahre später wurde diese Leistung bei derselben Veranstaltung nochmal getoppt (178,939 km). 2007 wurden es bei einem Indoor-Event in Tschechien sogar 181,311 Kilometer. Das war jedoch nur der Split nach 24 Stunden. Der Lauf in Brno dauerte insgesamt 48 Stunden und fand auf einer 200-Meter-Bahn statt! Im Ziel waren es 319,290 Kilometer, noch heute Deutscher Rekord in der Altersklasse M55.

Eine nationale Bestleistung hält er auch im 6-Tage-Lauf. Vier Monate später lief Koenig 676,590 Kilometer auf einer 400-Meter-Stadionbahn in Erkrath bei Düsseldorf. Länger lief er bereits zuvor.

Beim Deutschlandlauf von Kap Arkona auf Rügen bis Lörrach, 2005 und 2006, waren es jeweils 1204 Kilometer in 17 Tagen. Höhepunkt war für ihn der Transeuropalauf von Bari (Süd-Italien) bis zum Nordkap in Norwegen. Vom 19. April bis 13. Juni (ohne Ruhetag) dauerte dieser Wettkampf mit 80 Teilnehmern aus aller Welt. Lediglich 36 Läufer, davon drei Frauen, schafften die 4.500 Kilometer quer durch Europa. Das Koenig mit knapp 60 Jahren Letzter wurde, egal, Hauptsache geschafft.

Wer Ultras läuft, muss auch bei den 100 Kilometern in Biel (Schweiz) dabei sein. Diesen Traum erfüllte er sich 2008 in 14 Stunden und 34 Minuten. Mittlerweile plagen ihn leichte Probleme mit der Lendenwirbelsäule, weswegen sein laufen ins gehen übergegangen ist.

Bei „Rund um Köln“ im vergangenen Jahr war Koenig nach 32 Stunden und 171 Kilometern der schnellste Wanderer aller Teilnehmer. Die Anzahl der Lauf-Wettkämpfe wird weniger und auch die Distanzen kürzer. In seiner Sammlung von 167 offiziellen Laufveranstaltungen mit über 20.000 Kilometern und zahlreichen Wanderungen, fehlt ihm jetzt noch die Teilnahme am RHEIN-AHR-MARSCH.

Auf die Frage, warum er das alles macht, antwortet er: „Man ist im Einklang mit sich selber und der Natur“, spürt Koenig bei jedem Schritt mentale Glücksmomente. Für ihn gibt es nichts Schöneres.